Spyro the Dragon

Spyro the Dragon

Als ich mir im Sommer 98 meine PlayStation gekauft hatte war ich mit meinen damals 12 Jahren gefühlt noch etwas zu jung für die auf angehende Erwachsene ausgerichtete Konsole. Zu der Zeit wäre das Nintendo 64 mit seinen farbenfrohen 3D Platformern vielleicht eher etwas für mich gewesen. Mit Spyro the Dragon kam im Herbst des gleichen Jahres ein Spiel ähnlicher Natur für das Konkurrenzsystem von Sony.

“Hold your horns, here comes Spyro!” - Spyro

Doch als ich Hand an die Demo legen konnte, war es bereits zu spät: Ich war in der Zwischenzeit schon zu einem verdorbenen edgy PlayStation Teen geworden, das sich mehr für Clouds Selbstzweifel, Nina Williams’ Strümpfe und böse Spiele ab 18 interessierte als für die Abenteuer eines süßen kleinen Drachens. Die bunte Grafik und das angenehme Gameplay blieben dennoch irgendwo tief in meiner Erinnerung vergraben. Mehr als zehn Jahre vergingen, bis die Vollversion des Spiels bei einem Flohmarktbesuch erstmals in meinen Besitz gelangte. Beim Antesten stellte ich nicht nur fest, dass die CD noch funktionierte, sondern auch, wieviel Spaß Spyro the Dragon immer noch macht. Ich war regelrecht gebannt und versuchte, alles zu finden, was man in den Levels sammeln konnte. Wie es oft so ist rührte ich das Spiel nach dieser einen Sitzung dennoch erstmal lange Zeit nicht an.

Die Truhe lässt sich nur öffnen, wenn man den Schlüssel gefunden hat

Die Truhe lässt sich nur öffnen, wenn man den Schlüssel gefunden hat

Erst letztens startete ich Spyro the Dragon erneut. Das moderne Remake war natürlich längst draußen, aber das kam für mich nicht in Frage, bevor ich nicht endlich etwas von meiner fünf Euro Flohmarktinvestition reingeholt hatte. Als Erwachsener, der keine wirklich nostalgische Verbindung zu Spyro und eher selten Bock auf bunte, niedliche Grafik hat, habe ich lange keine gute Gelegenheit dafür gefunden. Doch wie sich herausstellte, ist das Spiel durch seine unbeschwerte Aufmachung und den weitestgehend niedrigen Schwierigkeitsgrad der ideale Zeitvertreib für ein winterlich trübes Wochenende.

Die Ausgangssituation ist schnell umrissen: Ein böser Troll verwandelt alle Drachen in Kristall und stiehlt alle ihre Schätze. Nur der kleine Spyro bleibt verschont und zieht los, die entwendeten Edelsteine und Dracheneier einzusammeln, seine Gefährten zu befreien und dem Bösewicht das Handwerk zu legen. Insgesamt sechs Welten gibt es zu erkunden, von denen jede eine Handvoll weiterer Level beinhaltet. Zwischen den Welten kann man mit Hilfe von Ballonfahren reisen, die beim ersten Mal eine bestimmte Anzahl gesammelter Gegenstände oder befreiter Drachen fordern. Dabei ist der Wegzoll nie unverhältnismäßig hoch und der allgemeine Sammel-Marathon nicht ganz so extrem, wie man es vielleicht aus dem vergleichbaren Banjo-Kazooie für das Nintendo 64 kennt.

Der Brunnen wird von üblen Gesellen bewacht

Der Brunnen wird von üblen Gesellen bewacht

Viel Freude bereitet allein schon der Umstand, dass man einen Drachen steuert (auch wenn es nur ein kleiner ist). Spyro kann gemäß seiner Art springen, gleiten, Feuer speien und Gegner auf die Hörner nehmen. Standardmäßig hat man dadurch von Haus aus bessere Möglichkeiten, mit Abgründen und Feinden fertig zu werden als etwa in einem Super Mario 64. Wirklich fies wird das Level Design auch selten. Eine große Herausforderung stellt das Spiel daher nicht dar, zumindest, wenn man nur die verpflichtenden Aufgaben erfüllt, wofür man lediglich ein paar Stunden braucht. Aber gerade dieses weitestgehend frustfreie, unbeschwerte Erkunden macht für mich einen großen Reiz von Spyro the Dragon aus, und bietet sich gut an, wenn man mal keine Nerven für komplexe, bockschwere oder düstere Spiele hat. Wer dennoch etwas mehr gefordert werden möchte hat sicher viel Freude daran, alles einzusammeln und das Spiel zu 100% abzuschließen.

“I was born to glide!” - Spyro

Für seine über zwanzig Jahre ist das Gameplay größtenteils sehr gut gealtert, und bereitet heute ähnlich viel Spaß wie früher. Etwas umstellen muss man sich allerdings schon: Obwohl sich Spyro bereits mit linkem Analogstick steuern lässt, hat der rechte keine Funktion, die Kamera muss stattdessen mit den Schultertasten gedreht oder der Dreieckstaste hinter dem Protagonisten positioniert werden. Ebenfalls vermisst man eine Möglichkeit, Gegner per Knopfdruck anvisieren zu können, gerade weil sowohl das Feuerspeien als auch der Rammangriff auf eine korrekte Ausrichtung angewiesen sind. Wirklich nervig ist eigentlich nur das Sprinten, das an manchen Stellen nötig ist, um genügend Schwung fürs Gleiten aufzubauen. Allerdings behält man dabei oft nicht so viel Kontrolle, wie man gerne hätte, und manövriert den armen lila Drachen oft in den nächsten bodenlosen Abgrund. Aber das sind eher kleinere Macken, die einem den Spielspaß kaum verleiden.

Atemberaubende Aussicht - zumindest für 1998

Atemberaubende Aussicht - zumindest für 1998

Wofür man auf jeden Fall in Stimmung sein muss ist die niedliche Aufmachung von Spyro the Dragon: Die Grafik wirkt mit ihren bunten, großflächigen Polygonwelten mehr wie die eines Nintendo 64 als eines PlayStation Spiels. Die Musik plätschert bestenfalls harmlos, schlimmstenfalls mit nervigen Midi “Rock”-Gitarren vor sich hin. Die Charakter- und Gegnerdesigns wirken wie aus einem Cartoon, ebenso die Sprachausgabe. Auf deutsch ist sie für die Zeit sogar halbwegs erträglich, ich habe aber dennoch auf Englisch gespielt. Verwundert hat mich allerdings, dass ausgerechnet der drollig anzusehende Spyro bei jedem befreiten Drachen erstmal einen markigen Spruch loslässt. Was soll das? Der kleine lila Drache hat gefälligst niedlich zu sein! Allgemein fehlt der Gestaltung leider ein wenig der Wiedererkennungswert jener Nintendo Titel, von denen sie scheinbar inspiriert worden ist. Daher hat Spyro the Dragon vermutlich auch weder damals noch heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen, auch wenn es ein ziemlich gelungenes Spiel ist.

Bunt, entspannt, spaßig: Ich hatte durchaus meine Freude an dem relativ kurzen und leichten Abenteuer, das zum Glück nicht so nervenaufreibend und spürbar gealtert ist, wie viele andere 3D Platformer, die Ende der 90er auf den Markt gekommen sind. Leider fehlt mir doch ein wenig der Charme der Nintendo Vorbilder, um es zu meinen Favoriten zählen zu können. Daher ist es noch nicht gewiss, ob ich mir die beiden PlayStation Nachfolger oder die moderne Remake Trilogie je zu Gemüte führen werde. Wer 3D Plattformer mag sollte auf jeden Fall mal in Spyro reinschauen, zumal man an die meisten Spiele der Reihe auch heute noch gut rankommt.

“I’d say the sky’s the limit.” - Spyro