Breath of Fire

Breath of Fire

Obwohl Breath of Fire II, III und IV prägende Rollenspiele für mich waren, kam ich erst letztes Jahr, pünktlich zum 25. Jubiläum der japanischen Erstveröffentlichung 1993 dazu, den ersten Teil der Reihe nachzuholen. Dass ich es damals noch nicht gespielt habe lag hauptsächlich daran, dass die Super Nintendo Version nur in Japan und den USA vertrieben wurde. Als Breath of Fire 2001 für den Game Boy Advance auch in Europa neu aufgelegt wurde war ich in meinem Videospieler-Tiefschlaf, und kam erst Jahre später dazu, mir den Port zu besorgen.

Breath of Fire legt bereits das Fundament, für das die Reihe bekannt ist. Wir erleben also eine Reise durch eine bunte Fabelwelt, die von Menschen und zahlreichen anthropomorphen Gestalten bewohnt wird. Abgesehen von altbekannten Tieren wie Katzen oder Hunden basieren einige auf seltener verwendeten Lebewesen wie Ochsen oder Maulwürfen. Das Gameplay ist mit seinen rundenbasierten Kämpfen eher klassisch ausgerichtet, ähnlich wie die Geschichte, in der die einzelnen Szenarien oft mehr Gewicht haben als die übergreifende Handlung.

Diese Gegner machen irgendwie Appetit auf Vanillepudding (Game Boy Advance)

Diese Gegner machen irgendwie Appetit auf Vanillepudding (Game Boy Advance)

Anfang der 90er war Capcom vor allem für opulente Actiontitel wie Street Fighter II, Mega Man oder Super Ghouls ‘n Ghosts bekannt. Die dadurch aufgebaute Expertise kommt auch in der Präsentation von Breath of Fire zur Geltung, die sich durch farbenfrohe Grafik, liebevolle Animationen und mitreißende Musik auszeichnet. Visuell war das Spiel vielen Genre-Kollegen voraus, was sich selbst zum Ende der Super Nintendo Ära nicht großartig geändert hat. Gerade die Kämpfe sehen immer noch toll aus: Die meisten Aktionen der Partymitglieder und Gegner sind voll animiert. Idle-Animationen gibt es ebenso wie bewegte Details in den Hintergründen. Selbst das ein Jahr später erschienene Final Fantasy VI kann da mit seinen weitestgehend statischen Kampfszenen nicht mithalten. Außerhalb der Feindbegegnungen ist die Grafik erwartungsgemäß simpler. Doch auch hier sticht Breath of Fire dadurch positiv hervor, dass wie aus Baukästen zusammengestückelte Städte weitestgehend vermieden werden. Stattdessen besucht man abwechslungsreiche Orte wie das komplett aus Gold bestehende Auria, oder das unter Wasser gelegene Prima.

Mit dem Rollenspielgenre hatten die Entwickler zu der Zeit vergleichsweise wenig Erfahrung, was man dem ersten Breath of Fire leider auch anmerkt. Gleich am Anfang wird der Kardinalfehler begangen, den Helden Ryu in den ersten Stunden allein auf die Reise zu schicken, obwohl es denkbar ätzend ist, mit nur einem Charakter Dungeons zu bestreiten und gegen Bosse anzutreten. Dass letztere auch noch eine ganze Menge Treffer einstecken können und in der Lage sind, sich am Ende nochmal selbst mit etwas Energie wiederzuerwecken hilft da auch wenig. Die Party um Ryu wird nur langsam aufgestockt. Bevor man die volle Kampfstärke von vier Charakteren erreicht muss noch ein besonders unbalancierter schwerer Boss besiegt werden. Entsprechend ist der Anfang des ersten Breath of Fire recht langatmig ausgefallen.

Die Stadt Auria besteht größtenteils aus Gold und ist von stetigem Sonnenschein gesegnet (Game Boy Advance)

Die Stadt Auria besteht größtenteils aus Gold und ist von stetigem Sonnenschein gesegnet (Game Boy Advance)

Die Hauptgeschichte macht auch nicht viel besser: Ihr schlüpft in die Rolle von Ryu, einem der letzten Angehörigen des Klans der Lichtdrachen. Nachdem sein Dorf zu Beginn von den bösen Dunkeldrachen dem Erdboden gleich gemacht wird zieht er los, um den Bösewichten das Handwerk zu legen. Abgesehen von etwas eingeflechtetem Drama und einer wenig überraschenden Wende zum Schluss gibt die Handlung wenig her. Ähnlich wie in vielen 8-Bit Rollenspielen stellt sie nur den dünnen Rahmen, um die Charaktere von einem Ort zum nächsten zu schicken. Immerhin sind die Aufgaben, die auf die Helden warten, meist ziemlich originell. So muss etwa das außer Kontrolle geratene Wetter in einer Region im örtlichen Dungeon in Ordnung gebracht werden, oder eine geschrumpfte Truppe mit Hilfe von Mäusen gegen eine Insektenplage vorgehen. In einem Szenario wird gar beiläufig ein Zeitparadoxon eingeflochten.

So interessant die einzelnen Stationen der Heldenreise auch sind, so schwer fällt es oft, überhaupt herauszufinden, wo es als nächstes hin gehen soll. Oft muss wie in alten Zeiten jeder Stadtbewohner gefragt werden, in der Hoffnung, in den schlecht übersetzten und oft mehrmals verwendeten Texten einen vagen Hinweis auf das nächste Ziel zu finden. An einigen Stellen ist es dann doch schneller, eine Komplettlösung zu fragen. Nicht selten werden die Charaktere plump auf willkürlich eingestreute Fetchquests geschickt. Auch wenn die Reihe gewissermaßen bekannt für diese Art von Spielführung ist, steckt in der Ausführung im ersten Teil nicht die geringste Finesse, die darüber hinwegtäuschen könnte, dass damit nur versucht wird, Spielzeit zu schinden.

Endlich befreit: Die Frauen aus Gant werden aus dem Kerker gerettet (Game Boy Advance)

Endlich befreit: Die Frauen aus Gant werden aus dem Kerker gerettet (Game Boy Advance)

Immerhin machen die rundenbasierten Zufallskämpfe Laune, auch wenn sie etwas häufig losgetreten werden. Im Grunde handelt es sich um ein ziemliches Standardsystem mit ein paar Extras. Komfortablerweise lassen sich Kämpfe automatisch bestreiten. Ebenfalls praktisch: Auch wenn nur vier Charaktere aktiv am Geschehen teilnehmen können, lasst sich jeder in seinem Zug durch einen Helden aus der Reserve austauschen, womit man sich flexibel auf die Gegner einstellen kann. Seltsamerweise taucht dieses angenehme Feature erst in Breath of Fire IV wieder auf. Natürlich kann sich Ryu auch im ersten Teil in einen Drachen verwandeln. Stärkere Drachentransformationen müssen dabei erst an geheimen Orten entdeckt werden. Neben Ryu kann auch Dieb Karn seine Form ändern, indem er mit anderen Partymitgliedern fusioniert! Auch hier muss der entsprechende Zauberspruch vorher gefunden werden. Die Transformationen sind ziemlich cool, leider sind die höheren Formen ohne Hilfestellung nur schwer zu finden. Besonders ärgerlich daran: Ohne Ryus finale Drachenform bekommt man das richtige Ende nicht zu sehen.

Das Originalmodul von Breath of Fire habe ich nicht gespielt, aber ich gehe davon aus, dass es ähnlich grindlastig ist wie der Nachfolger auf dem Super Nintendo. Zum Glück wurden Erfahrungspunkte und Gold am Ende von Kämpfen für den Game Boy Advance Port verdoppelt, sodass man immerhin dort nur wenig aufleveln muss. Schön ist auch, dass man einen Knopf zum Rennen sowie einige Standbilder bekommt, die an storyrelevanten Punkten im Spiel eingeblendet werden. In der europäischen Variante gibt es sogar deutsche Bildschirmtexte. Ob die etwas taugen (oder wenigstens besser sind als die englischen) kann ich nicht sagen, da ich nur die US-Version besitze. Wie leider üblich beim Game Boy Advance müssen dafür Abstriche in der Soundqualität hingenommen werden. Dennoch ist Breath of Fire in dieser Version am besten spielbar und der ursprünglichen Super Nintendo Fassung und seinen Virtual Console Entsprechungen für New 3DS und Wii U vorzuziehen.

Selbst auf dem Meeresgrund ist man vor Monstern nicht sicher (Game Boy Advance)

Selbst auf dem Meeresgrund ist man vor Monstern nicht sicher (Game Boy Advance)

Als Breath of Fire Fan hat es sich schon irgendwie gelohnt, den Beginn der Reihe nachgeholt zu haben, allein, um die ersten Inkarnationen von Charakteren wie Ryu, Nina oder Bleu zu erleben, oder endlich nachzuvollziehen, was es mit dem Wandfresko am Anfang von Breath of Fire III eigentlich auf sich hat. Aufgrund des obskuren Spielverlaufs wollte sich allerdings nie ein richtiger Fluss bei mir einstellen, und ab der Hälfte musste ich mich zugegebenermaßen schon etwas zwingen, um bis zum Ende weiterzumachen. Insgesamt handelt es sich für mich trotz einiger Vorzüge wie dem Kampfsystem und gelungenen Einzelszenarien um den schwächsten klassischen Breath of Fire Teil. Von daher kann ich den Titel wenn überhaupt nur eingefleischten Fans der Reihe empfehlen.