Castlevania II: Belmont's Revenge
Castlevania II: Belmont’s Revenge, das zweite Game Boy Spiel der Reihe, trägt die undankbare Bürde, die Fortsetzung des weitestgehend missratenen Castlevania Adventure zu sein. Nachdem ich davon bereits seelische Narben davongetragen habe, die niemals verheilen werden, wäre es ja eigentlich unnötig gewesen, weitere Folterinstrumente in Videospielform in den ewigen Feuern der Hölle zu schmieden. Es sei denn natürlich, Konami hätte ein Einsehen gehabt und die Erkenntnis erlangt, dass sie den gepeinigten Spieler*innen nach dem schändlichen portablen Erstlingswerk eine Wiedergutmachung schuldig wären.
Tatsächlich stellt Castlevania II eine derart beispiellose Kehrtwende in Sachen Qualität dar, dass ich am liebsten Tränen aus Weihwasser weinen möchte. Nahezu jeder Kritikpunkt an Castlevania Adventure wurde im zweiten Teil verbessert: Statt vier Levels gibt es in Belmont’s Revenge sieben, sowie ein Passwort System, um bei der letzten Stage weiterzumachen. Zusätzlich kann das Spiel selbst bei einem Game Over beliebig oft ab einem Checkpoint in der Mitte des Levels wieder aufgenommen werden.
Das Sekundärwaffensystem kehrt wieder zurück, wenn auch nur mit zwei Varianten. Trotzdem ist es ungemein befriedigend, schwer erreichbare Gegner mit der Axt dranzukriegen, oder die rollenden Augen, die beim Besiegen normalerweise explodieren und dabei ein Loch in marode Böden reißen, mit Weihwasser harmlos verdampfen zu lassen. Schön ist auch, dass Peitschenupgrades nur durch eingesteckte Treffer bestimmter Projektile verloren gehen, statt wie beim Vorgänger bei jedem Feindkontakt.
Vor allem wurde die Steuerung dieses Mal anständig programmiert. Natürlich nach klassischen Castlevania Maßstäben: Hauptcharakter Christopher Belmont wird bei Treffern immer noch nach hinten geworfen und kann die Richtung im Sprung nicht ändern. Aber immerhin bewegt er sich hier nicht mehr wie unter Wasser und reagiert gut auf die Eingaben. Das stockende Scrolling aus dem Vorgängerspiel gehört zum Glück auch der Vergangenheit an. Zusätzlich kann die Peitsche auch beim Klettern an Seilen eingesetzt und schneller an ihnen herunterrutschen werden. Das griffigere Kontrollschema ist auch bitter nötig, da das Level-Design wieder viele knackige Herausforderungen bietet. Der pure Sadismus einiger Stages aus Castlevania Adventure bleibt uns in Belmont’s Revenge aber glücklicherweise erspart, was eine weitere dringend notwendige Verbesserung darstellt.
Castlevania II merzt nicht nur die Schwächen seines Vorgängers aus, sondern baut auch dessen Stärken weiter aus: Die Level bieten abwechslungsreiche visuelle Themen mit schönen Hintergrunddetails wie Pflanzen, die beim Vorübergehen aufblühen (der Vegetation scheint es trotz Untoteninvasion recht gut zu gehen). Sogar die aus den NES Spielen bekannten Pseudo-3D Türen sind hier wieder vertreten! Gewohnt fantastisch ist auch der Soundtrack, nur dass es dank erweitertem Umfang erfreulicherweise noch mehr Musikstücke gibt. Selbst die Handlung ist, wenn auch immer noch dürftig, nicht komplett flach ausgefallen und wird im Spiel selbst durch einige Szenen dargestellt, sodass auch ohne die Anleitung nachvollzogen werden kann, worum es geht. Die Wende am Ende ist übrigens historisch interessant für die Castlevania-Reihe, da sie in ähnlicher Form in späteren Teilen verwendet worden ist und hier zum ersten Mal auftritt.
Im Großen und Ganzen besteht Castlevania II: Belmont’s Revenge aus den gleichen Zutaten wie der Vorgänger. Die einzige Innovation ist, dass es ähnlich wie in den Mega Man Spielen die Wahl gibt, in welcher Reihenfolge die ersten vier Level in Angriff genommen werden. Jede Stage stellt dabei eine eigene Burg mit einem spezifischen Thema dar. Sind alle überwunden, geht es in die finalen Abschnitte, die wieder linear aufeinander folgen. Davon abgesehen liest sich meine Rückschau wie eine riesige Liste an Verbesserungen, die gegenüber dem ersten Spiel vorgenommen worden sind, und am Ende ist Castlevania II hauptsächlich das, was Adventure eigentlich hätte werden sollen.
Ein großes Manko hat Castlevania II leider noch aus der Vergangenheit mitgebracht: Wer den Abspann sehen möchte, braucht auch hier entweder Nerven aus Stahl oder muss sich mit dem Ausnutzen von Savestates behelfen. Zwar lassen sich die Level und regulären Bosse dank forderndem, aber fairem Schwierigkeitsgrad mit einiger Übung meistern, doch leider gilt das nicht für die finalen Bosskämpfe. Um die zu schaffen müssen umfassende Bewegungsabläufe penibel eingehalten werden, was dank einem gewissen Maß an Unberechenbarkeit auch noch kein Garant für Erfolg ist.
Bei jedem Game Over muss natürlich auch wieder einen Teil der zugehörigen Stage absolviert werden. Doch das war zumindest bei mir nicht die Hauptmotivation für das Ausweichen auf Savestates: Die letzten Endgegner sind einfach so schwer, dass es nicht einmal reicht, einen Savestate direkt vor dem Kampf zu laden und dann zu versuchen, ihn an einem Stück zu schaffen, sondern besser sofort einen nach jeder geglückten Aktion zu speichern, bis die Bosse nach langem Ringen endlich bezwungen sind.
Doch selbst ohne die Hoffnung, die finalen Bosse jemals (legitim) zu besiegen, macht allein der Weg dahin Castlevania II: Belmont’s Revenge zu einem der besseren Spiele der Castlevania Reihe. Zumal es gerade bei den klassischen Spielen keine Seltenheit ist, dass sie nur mit vampirischen Reflexen zu meistern sind. Für alle, die es verpasst haben, gilt daher eine klare Empfehlung zum Nachholen!
Leider hat das Original Game Boy Modul preislich einen ordentlichen Sprung hingelegt, seit ich mir mein Exemplar sichern konnte, und ist mittlerweile unter 30 Euro eher schwer aufzutreiben. Noch entmutigender ist die Verfügbarkeit der Farbversion auf der Konami GB Collection Vol. 4. Seit Veröffentlichung der Castlevania Anniversary Collection für alle gängigen aktuellen Plattformen ist es zum Glück inzwischen wieder leichter, an das Spiel zu kommen.