Castlevania: Symphony of the Night
Das 1997 für die PlayStation veröffentlichte Castlevania: Symphony of the Night nahm die Rollenspiel- und Adventure Elemente, die bereits in Vampire Killer (MSX) und Castlevania II: Simon’s Quest (NES) zur Verwendung kamen, und trieb sie auf die Spitze. Während der Großteil der Castlevania Spiele eher action-orientiert und linearer Natur war, bot Symphony of the Night freie Erkundung, ein vollwertiges Rollenspielsystem, Dutzende von Ausrüstungsgegenständen und haufenweise Geheimnisse, die es zu entdecken galt.
Die zahlreichen Möglichkeiten des Spiels bieten also einiges zu tun, bis der stylishe Halbvampir Alucard das Heim seines Vaters Dracula zerstört hat. Dabei hat diese spielerische Freiheit eine eng abgesteckte Grenze: Während Alucard das Schloss Castlevania nach Herzenslust erkunden kann, ist es ihm außerhalb von Intro und Abspann nicht möglich, das Gemäuer auch nur einen Pixel weit zu verlassen.
Die vorherigen Spiele erlaubten es noch, die umgebenden Ländereien (in einem Fall sogar ganz Europa) zu bereisen. Selbst die Ursprünge der Reihe, die größtenteils im titelgebenden Castlevania stattfanden, begannen ein paar Bildschirme vom Eingang entfernt. In Symphony of the Night lässt sich Alucard erst steuern, nachdem er in der initialen Cutscene bereits ein Stück durch den umliegenden Wald gerannt und mit einem großen Satz über das Eingangstor gesprungen ist, bevor es sich endgültig schließt.
Wenige Sekunden, nachdem auch für die Spielenden die Mission startet, Draculas Schloss zu Fall zu bringen, können sie es bereits nicht mehr aktiv verlassen. Das ist also Draculas Strafe für seinen aufmüpfigen Sohn: Hausarrest! Egal, in welche Richtung sich Alucard aufmacht, früher oder später trifft er auf eine Wand, eine Decke, oder einen Boden, bei dem kein Weiterkommen mehr möglich ist.
Dabei lässt sich oft ein Blick auf die Welt da draußen werfen. Wolken, die am Himmel vorüberziehen. Dichte Wälder im Hintergrund. Regen, der auf den umliegenden See prasselt. Wenn ich inne halte und durchs eins der Fenster im Burggemäuer schaue, frage ich mich manchmal schon, wie es wäre, diese Gegend zu erkunden, die von den Entwicklern so hermetisch abgeriegelt worden ist.
Selbst wenn Alucard im späteren Spielverlauf die Fähigkeit erwirbt, sich in eine Fledermaus oder eine Nebelwolke zu verwandeln, lassen sich die Burgmauern nicht überwinden, während manche fliegenden Gegner oder einige von Alucards Begleitern manchmal munter außerhalb der Spielgrenzen durch die Luft schwirren. Das Schloss kann im Spiel nur verlassen werden, wenn der wahre Herr des Hauses ausfindig gemacht wird. Dadurch wird ein Teleporter freigeschaltet, mit dem Alucard das Gemäuer endlich hinter sich lassen kann!
Dummerweise führt dieser vermeintliche Ausgang nur wieder in ein anderes Schloss. Dabei handelt es sich um eine alternative Version der regulären Burg, nur dass sie auf dem Kopf steht und neue Gegner, Bosse und Gegenstände bereithält. Verlassen lässt sie sich während des aktiven Spielgeschehens natürlich auch nicht. Wer sich zurück zum Eingangstor kämpft, findet dieses verschlossen vor, und trifft ansonsten wieder auf Wände, mehr Wände, und nochmals Wände.
Die vielen Möglichkeiten, die das Spiel bietet, wirken bei allem Spaß doch ein wenig wie Kletterwände und verstreutes Spielzeug für Wohnungskatzen: Viel Beschäftigung, um davon abzulenken, dass die Bude nicht verlassen werden kann. Draußen ist Alucard erst wieder in den verschiedenen Abspännen zu sehen. Nachdem wir ein Dutzend Stunden in seiner Rolle erkundet, gelevelt und gekämpft haben, durften wie ihn am Ende selbst doch keinen einzigen Pixel außerhalb der beiden Burgen bewegen.