Donkey Kong Land
In der langen Geschichte der Menschheit gab es einige brillante Ideen. Feuer zu entfachen etwa, oder das Rad. Elektrizität. Tiefkühl-Pizza. Nahtlos in diese Reihe an Errungenschaften fügt sich die geniale Eingebung ein, das bunte vorgerenderte Super Nintendo Spiel Donkey Kong Country auf einen monochromen 8-Bit Handheld zu verfrachten.
Donkey Kong Country auf Nintendos Game Boy, kann das gutgehen? Eine brennende Frage, die sich stellt, bevor der Super Game Boy mit dem eingelegten bananengelben Donkey Kong Land Modul startet. Es folgt jener magische Moment, in dem der Standardrahmen des Super Game Boy ausgeblendet und durch den spielspezifischen ersetzt wird. In diesem Fall passenderweise einer mit einem grünen Dschungelmotiv.
Nach dem Startbildschirm und der Weltkarte rennen wir tatsächlich als Affe durch einen Dschungel, der allerdings nur auf dem Ur Game Boy tatsächlich grün ist, und in einen recht kleinen Bildschirm gestopft wurde. Doch trotz der Abstriche sehen wir ganz klar die Essenz von Donkey Kong Country vor uns. Rare haben es geschafft, die plastischen Hintergründe und fließenden Animationen irgendwie auf dem Game Boy zum Laufen zu bringen. Nur wenn viele Sprites aufeinander treffen, kann es schon mal flackern, ansonsten läuft die Sache erstaunlich rund.
Ein klarer Wiedererkennungswert findet sich auch beim Klang. Ikonische Stücke wie der DK Island Swing oder das verträumte Aquatic Ambiance verzaubern auch als Chiptune Arrangement. Die neuen Kompositionen können das Niveau der Klassiker halten, vor allem das Boss Thema hinterlässt Eindruck. Und das Wichtigste: Donkey Kong Land spielt sich genauso gut wie die große Vorlage. Springen, Rollen, Fässer werfen, Bananen sammeln, klappt alles wunderbar. Dank dem kleineren Bildschirm ist auch sichergestellt, dass die Affen regelmäßig in Gegner rennen, die plötzlich am Spielfeldrand auftauchen, womit ein essenzielles Feature des Super Nintendo Spiels herübergerettet worden ist.
Donkey Kong Country wäre natürlich nicht Donkey Kong Country, wenn plötzlich immer und überall gespeichert werden könnte. Daher geht das selbstverständlich auch in Donkey Kong Land nicht einfach so (wo kämen wir denn sonst hin?). Zum Speichern müssen in einem Level alle vier K-O-N-G Buchstaben gefunden werden, wofür es in Country nur ein Extraleben gab. Und so übel finde ich das gar nicht. So haben die Buchstaben hier erstmals eine wichtige Funktion. Und prinzipiell gibt es die Möglichkeit, nach jedem Level zu speichern. Selbst wenn nicht alle Buchstaben in einem Durchgang gefunden werden, gibt es die Möglichkeit, es nochmal zu versuchen, oder sie in einem vorigen, einfacheren Level einzusammeln. Jederzeit speichern zu können wäre aus heutiger Sicht natürlich weiterhin zu bevorzugen. Aber immerhin müssen dafür nicht wie noch wie in Country mehrere Level hintereinander bewältigt werden.
Inhaltlich macht Donkey Kong Land weitestgehend sein eigenes Ding. Es orientiert sich zwar thematisch an Country, aber die Level und Bosse sind größtenteils unterschiedlich. Dazu gibt es neue Arten von Gegnern und Leveln. Insgesamt wird wieder eine ordentliche Herausforderung geboten, ohne ganz so schlimme Spitzen wie im Super Nintendo Vorbild. Zumindest war das mein Eindruck, vielleicht spielte da aber auch die Übung rein, die ich noch von meinem 101% Donkey Kong Country Durchlauf hatte. Definitiv einfacher ist das Finden aller Bonusräume. Die sind in Donkey Kong Land nicht ganz so obskur, tatsächlich musste ich nur bei zwei Leveln nachgucken, wo die Bonusräume versteckt sind.
Ein technisch beeindruckender portabler Ableger, mit typischem Donkey Kong Country Gameplay und Flair, angenehmerem Speichersystem und verbesserter Balance. Das klingt ja alles ganz gut, aber vielleicht auch nur, weil bis hierhin um den Elefanten das Nashorn im Raum geschlichen worden ist? Die Rede ist natürlich von Donkey Kong Lands großem, offenkundigen Makel: Dass aufgrund der für einen Monochrom-Bildschirm hoffnungslos überladenen Optik Gegner nicht immer gut erkennbar sind, was zu vielen unfairen Treffern führt. Was soll auch anderes dabei herauskommen, wenn vorgerenderte Grafiken auf einen Game Boy Bildschirm gepackt werden?
Tatsächlich habe ich mich schon darauf eingestellt, tausend unverschuldete Affentode zu sterben, weil ich die Gegner nicht richtig erkennen kann. Komischerweise ist mir das während meines kompletten Durchgangs aber nie passiert. Woran mag das liegen? Bei näherer Betrachtung ist mir aufgefallen, dass die Entwickler tatsächlich einige Maßnahmen getroffen haben, um Sichtbarkeitsprobleme zu verhindern: Selbst in überladenen Szenerien wie dem Dschungel wurde meistens darauf geachtet, dass noch genug vom Hintergrund frei gelassen wird, damit sich Gegner davon abheben können. Es gibt sehr viel mehr Wasserlevel als noch in Country, die allein aufgrund ihrer Natur viel freie Fläche haben (zum Glück sind Wasserlevel in Donkey Kong Country/Land nicht so schrecklich wie in fast allen anderen Spielen). Und bei den neuen Szenerien, die über den Wolken und in der Stadt angesiedelt sind, wurde auch gleich darauf geachtet, dass die Hintergründe eher hell sind.
Die Ausnahme an löblicher visueller Kontrastierung bilden die Höhlenlevel, in denen die Grautöne recht nahe beieinanderliegen. Wobei ich selbst dort keine großen Schwierigkeiten hatte, Gegner zu erkennen. Entweder habe ich mir über die Zeit in den Donkey Kong Spielen katzenhafte Reflexe antrainiert, oder es gibt eine andere Erklärung dafür.
Die nächste Vermutung, die ich hatte, war, dass es davon abhängt, worauf Donkey Kong Land gespielt wird. Bei mir war das auf dem Super Game Boy über den Fernseher, was eine komfortable Darstellung liefert. Doch wie sieht das auf einem richtigen Handheld aus? Ein Test auf einem Game Boy Color ergab ein ähnlich klares Bild. Basiert die Kritik an der Grafik von Donkey Kong Land am Ende auf Einbildung oder verschwommenen Erinnerungen?
Es wurde schließlich Zeit, jenes Gerät hervorzukramen, auf dem ich das Spiel damals als Kind selbst zum ersten Mal erlebt habe: Der klobige Original Game Boy. Modul rein, Schalter an, und … oh je. Am Kontrastschalter herumgedreht, und es wurde leicht besser, aber immer noch schlimm. Direkt unter die Wohnzimmerlampe setzen brachte eine weitere geringfügige Verbesserung. Aber insgesamt ist es hier tatsächlich sehr schwer, Donkey und Diddy Kong, die Gegner, und die Hintergründe auseinander zu halten. Für den alten Game Boy war das ganze Unterfangen also definitiv zu ambitioniert.
Als Donkey Kong Land 1995 in Europa erschien, gab es hier nur den ersten Game Boy, und den Super Game Boy. 1996 kam der Game Boy Pocket raus, bei dem ich nicht weiß, ob das Bild besser ist (ich gehe aber davon aus). Der Game Boy Color kam erst 1998. Zur Zeit der Veröffentlichung gab es also eigentlich nur eine Möglichkeit, das Spiel wirklich zu genießen, und das war auf dem Super Game Boy. Allerdings hatte ich zu der Zeit kein Super Nintendo, und musste mich daher auf dem Game Boy durch das Spiel durchkämpfen. Aus heutiger Sicht lässt sich die schwer lesbare Grafik von Donkey Kong Land natürlich “fixen”, wer also nicht unbedingt auf dem Original Game Boy spielen muss, sollte keine Probleme haben, alles gut zu erkennen.
Ist Donkey Kong Land am Ende also eine würdige portable Weiterführung von Donkey Kong Country? Unter Berücksichtigung der technischen Limitierungen würde ich das unterstreichen. Dennoch muss ich ein “aber” anhängen: Das Grundprinzip wurde zwar sehr gut umgesetzt, aber es mussten auch viele Details wegfallen: Es gibt weder ein Intro noch einen visuellen Abspann, keine Nebencharaktere, denen auf der Weltkarte begegnet werden kann, selbst die Levels sind generisch durchnummeriert, statt wie auf dem Super Nintendo übersetzte Eigennamen zu präsentieren. Das mögen natürlich alles nur Kleinigkeiten sein, die verständlicherweise nicht mit umgesetzt werden konnten, und deren Fehlen dem Spielspaß in Donkey Kong Land keinen Abbruch tun. Aber es waren eben auch genau diese charmanten Details, die aus einem ansonsten soliden Plattformer wie Donkey Kong Country ein denkwürdiges Abenteuer gemacht haben.