Final Fantasy IX
Nachdem mir Final Fantasy VII von einem Kumpel in die Hand gedrückt worden ist und ich Teil VIII dank Berichten in der Zeitschrift Bravo Screenfun entgegengefiebert habe, war Final Fantasy IX meine erste Berührung mit dem Phänomen “Internet-Hype”.
Gespannt verfolgte ich online, wie aus einem vermeintlichen Spin-off, das sich auf die mittelalterlichen Elemente der frühen Final Fantasy Spiele zurückbesinnen wollte, ein vollwertiger nummerierter Hauptteil wurde. Als das Battle Theme geleakt worden ist habe ich es direkt heruntergeladen und dann rauf und runter gehört.
Unter den Fan-Webseiten der deutschen Community entbrannte ein regelrechter Wettkampf darum, die meisten vorab veröffentliche Screenshots zu posten, bis am Ende nahezu die komplette erste CD der japanischen Version in Bildform durchgesehen werden konnte. Mit einer dieser Webseiten sollte ich übrigens später ein neues Online-Projekt gründen, das als spiritueller Vorgänger dieses Blogs gesehen werden kann.
Im Februar 2001 war es dann endlich soweit: Final Fantasy IX stand in den Regalen. Ich fackelte nicht lange und kaufte mir das Spiel direkt am Erscheinungstag, für damals stolze 119 DM. Große Teile des Anfangs spielte ich im Beisein meines Kumpels, der mir einige Jahre zuvor sein Exemplar von Final Fantasy VII geliehen hatte. Sein Fazit bei meiner Ankunft in Lindblum war recht ernüchternd: Er fand es im Vergleich zu den Vorgängern langweilig.
Diesen Eindruck konnte ich zumindest damals nicht nachfühlen. Ich verschlang Final Fantasy IX in den nachfolgenden Wochen. Und nachdem der Abspann durchgelaufen war, tat ich etwas auch heute noch ungewöhnliches für mich: Ich spielte es direkt im Anschluss noch einmal durch.
Neben der erstklassischen audiovisuellen Präsentation waren es vor allem die liebenswürdigen Charaktere und ihre Schicksale, die mich vor den Bildschirm gefesselt haben: Die Suche eines putzigen Schwarzmagiers nach dem Sinn seiner Existenz, einer liebeskranken Dragonerin nach ihrem verschollenen Gefährten, und eines Vielfraßes nach der nächsten kulinarischen Delikatesse waren nur einige Handlungsstränge, die ich gerne verfolgt habe.
Auch der Schwerenöter Zidane ist als Protagonist mit seinem fröhlichen Optimismus eine erfrischende Abwechslung zu den verschlossenen Softboys Cloud und Squall aus den vorigen beiden Teilen. Die übergreifende Handlung einer Gruppe von Figuren, die ihren Platz in einer von Krieg geplagten Welt sucht und dabei deren mystisches Geheimnis aufdeckt, war zum damaligen Zeitpunkt bereits nichts Neues mehr, wurde aber bis dahin noch nicht oft mit so viel Herz und Liebe zum Detail erzählt.
Abgerundet wird das Ganze von der wirklich tollen deutschen Übersetzung, die sogar sprachliche Eigenheiten diverser Figuren umgesetzt hat, inklusive komplett in regionalen Dialekten gehaltenen Dialogen. In welchem anderen Spiel würde sich sonst ein bayrisch sprechender Dieb finden, zefix?
Aus heutiger Sicht hätte ich es wohl am besten bei meiner damaligen positiven Erfahrung belassen sollen, wie mir während eines erneuten Runs bewusst wurde. Das hat weniger mit nostalgischer Verklärung zu tun, vielmehr hat sich Final Fantasy IX nach einigen Durchgängen schlicht für mich abgenutzt, und zwar wesentlich stärker als andere meiner Favoriten von früher.
Die Charaktere und Geschichte empfand ich zwar als charmant wie immer, allerdings sind sie mir inzwischen auch zur Genüge bekannt. Außerhalb davon, sich durch viele herzerwärmende Dialoge zu klicken, bietet mir das Spiel leider nicht mehr viel. Teilweise fand ich den gemächlichen Trott durch die Märchenwelt schon fast langweilig.
Da faszinieren mich die Orte und Szenarien futuristischer Teile wie VII oder VIII auf Dauer einfach mehr. Ein Kampf in einer Industrieanlage gegen einen Roboter-Skorpion ist für mich spannender als in einem verzauberten Wald gegen eine Riesenpflanze zu kämpfen. Im Vergleich zu den klassischen ersten fünf Final Fantasy Spielen ist mir bei IX dagegen das Pacing zu langsam.
Das Spielsystem, bei dem charakterspezifische Ausrüstung Skills verleiht, die permanent erlernt werden können, ist damals wie heute für mich eher Mittel zum Zweck und lädt nur bedingt zum Experimentieren ein. Gerade im Vergleich zum unkonventionellen Vorgänger Final Fantasy VIII empfand ich den altbackenen Fokus auf Zufallskämpfe und Statuseffekte als Rückschritt. Beim finalen Kampf habe ich dann auch den Unverwundbarkeitscheat der Neuauflage genutzt, da ich keinen Nerv mehr hatte, mich nochmal stundenlang auf diese unfaire Auseinandersetzung vorzubereiten.
Nach wie vor ein großer Schwachpunkt sind die zu langsamen Kämpfe in Pseudo-Echtzeit, bei denen selbst die Turbo-Funktion der modernen Remaster wenig Abhilfe schafft. Die ändert leider nichts an der anfänglichen Ladezeit, und beschleunigt den Verlauf dann so sehr, dass kaum Zeit zum Reagieren bleibt, was bei den doch erstaunlich staken Gegnern oft fatal enden kann. So blieb mir am Ende nur wieder, jeden Kampf gefühlt die Hälfte der Zeit nur mit Warten zu verbringen.
Aus heutiger Perspektive kann ich neben den glühenden Verehrer*innen auch Leute wie meinen damaligen Kumpel nachvollziehen, die das Spiel nicht so mitgerissen hat. Trotzdem würde ich Final Fantasy IX aufgrund von Qualitäten wie Story und Präsentation weiterhin als essenzielles Rollenspiel der ersten PlayStation-Ära empfehlen. Immerhin habe ich selbst mehr als einen begeisterten Durchgang in dem Spiel verbracht.
Nur habe ich selbst inzwischen genug Final Fantasy IX für dieses Leben gespielt.