Secret of Mana
Mysteriöses Gemurmel. Nachhallende Klaviertöne. Der Held, das Mädchen, und die Koboldin. Der riesige grüne Mana Baum. Flamingos. Das Intro von Secret of Mana dürfte bei so einigen Super Nintendo Fans nostalgische Erinnerungen wecken.
Kein Wunder: Das 1994 erschienene bunte Super Nintendo Actionrollenspiel war damals ein Hit. Die große Besonderheit daran war, dass das Abenteuer von bis zu drei Spielern gleichzeitig bestritten werden konnte. Wer also zu der Zeit genügend Freunde, Controller oder den für drei Spieler notwendigen Multitap-Adapter hatte, kam in den Genuss von einem der besten Multiplayer Erlebnisse, die das Super Nintendo bieten konnte. Heute funktioniert das Spiel in dieser Konstellation vermutlich immer noch gut. Und dabei sollte es vielleicht auch belassen werden.
Alleine macht Secret of Mana hingegen nur begrenzt Freude, wie ich bei meinen bisher zwei Durchgängen feststellen durfte. Damals hat mir ein Klassenkamerad das Spiel ausgeliehen, das war bereits einige Jahre nach der ursprünglichen Veröffentlichung. Anscheinend waren wir aber nicht dicke genug, als dass er es auch mit mir zusammen gespielt hätte. Ich erinnere mich nur noch dunkel an meine Zeit mit dem Spiel, aber einen bleibenden Eindruck hat es nicht bei mir hinterlassen. Im Gegensatz zu anderen Super Nintendo Rollenspielen wie Lufia oder Terranigma verbinde ich daher keine wohligen Kindheitserinnerungen mit Secret of Mana.
Die letztes Jahr erschienene Collection of Mana für die Switch habe ich zum Anlass genommen, Secret of Mana erneut zu spielen, und das wieder im Singleplayer-Modus, bei dem der Computer die Kontrolle der anderen beiden Spielfiguren übernimmt. Und das natürlich mehr schlecht als recht. Damit die Mitstreiter nicht überall hängen bleiben und in den Kämpfen von Nutzen sind, muss nicht selten manuell interveniert werden. Es ist natürlich viel angenehmer, wenn jeder Charakter von einem Mensch gesteuert wird, statt selbst drei Spielfiguren in Echtzeit koordinieren zu müssen.
Das größere Problem ist aber, dass sich einige Schwächen im Spielsystem offenbaren, wenn Secret of Mana nicht gerade als fröhlicher Zeitvertreib mit Freunden zum Einsatz kommt. Das betrifft vor allem das Kampfsystem. Jeder Charakter hat eine Prozentleiste, die bestimmt, wie effektiv der nächste Angriff wird. Entsprechend hilft es nicht viel, wild drauflos zu kloppen. Stattdessen muss immer wieder Abstand zu den Gegnern gesucht werden, bis wieder mit voller Wucht zugeschlagen werden kann. Zusätzlich können Angriffe noch über die 100% hinaus aufgeladen werden. Je nachdem, wie weit die entsprechende Waffe aufgestuft worden ist, lassen sich so verheerende Spezialattacken lostreten.
Die Angriffe gehen leider selbst bei 100% gerne mal daneben. Und zumindest mir ist meist nicht klar, warum. Habe ich tatsächlich nicht getroffen? Waren die Gegner gerade in einer Unbesiegbarkeitsphase, weil sie einen Zauber vorbereitet haben oder gerade von einem Mitstreiter getroffen wurden? Hat das Spiel eine eingebaute Wahrscheinlichkeit, dass Attacken ins Leere laufen oder geblockt werden können? Die Antwort darauf können mir vermutlich höchstens die Entwickler geben. Als Spieler registriere ich lediglich, dass auf Angriffe nicht immer ein direktes Feedback erfolgt. Manchmal passiert gar nichts, oft ploppt mit einiger Verzögerung doch noch eine Schadenszahl auf, die vielleicht von meinem gesteuerten Charakter verursacht wurde, aber wer kann das schon mit Sicherheit sagen.
Der Kampffluss kann jederzeit von Zaubern unterbrochen werden, gegen die sich im Grunde nichts ausrichten lässt. Secret of Mana basiert also nicht ausschließlich auf Geschicklichkeit, stattdessen muss wie in rundenbasierten Rollenspielen damit gerechnet werden, dass eure Truppe Schaden oft einfach einstecken muss. Besonders ärgerlich ist, dass auch aufgeladene Angriffsbalken in solchen Fällen meist futsch sind. Auch wenn es wohl zur Grundidee des Spiels gehört, ein Mittelding zwischen Action und rundenbasiertem Rollenspiel sein zu wollen, kann die ständige Unterbrechung des Kampfgeschehens gehörig nerven.
Immerhin funktioniert das Ganze auch in die andere Richtung: Gerade die Bosse lassen sich reihenweise durch Spammen von Magie fällen. Das Sprechen von Zaubern beansprucht kaum Vorbereitungszeit, einen Cooldown danach gibt es eigentlich auch nicht. Solange noch genügend Magiepunkte oder entsprechende Heilgegenstände vorrätig sind, bleiben die meisten Endgegner weitestgehend hilflos gegen dieses Vorgehen. Dafür sind die ersten Bosse, bevor das Mädchen und die Koboldin Zugang zu Magie erhalten, ziemlich hart.
Abgesehen von den frühen Endgegnern wirkt das Spiel allgemein unbalanciert. Gerade am Anfang sind die drei Spielfiguren noch ziemlich schwach auf der Brust, während bitter notwendige Ausrüstungsgegenstände unerschwinglich sind. Allein deswegen war ich mehrmals kurz davor, meinen Durchlauf abzubrechen. Zum Glück wendet sich im weiteren Spielverlauf das Blatt. Plötzlich sind die Taschen prall mit Gold und Heilgegenständen gefüllt, sowie die besten verfügbaren Waffenupgrades geschmiedet und Rüstungen angelegt. Gegen Ende gibt es dann noch einmal einen potenziellen Ausreißer, da der letzte Rüstungshändler leicht übersehen werden kann. Dessen Waren verdoppeln die Abwehrwerte nahezu, worauf die Gegner in den finalen Abschnitten auch ausgerichtet sind.
Secret of Mana hat allgemein den Ruf, grindlastig zu sein. Tatsächlich bietet das Spiel einige Möglichkeiten des fröhlichen Levelns und Farmens. Acht Waffen lassen sich mit Orbs aufstufen, dazu können alle Charaktere durch wiederholte Verwendung ihre Fertigkeit mit der entsprechenden Waffe ausbauen. Das Mädchen und die Koboldin verfügen am Ende über acht Manageister, deren Magien ebenfalls stärker werden, wenn sie oft genug eingesetzt worden sind. Dazu hinterlassen manche Gegner Waffenorbs und Ausrüstungsgegenstände, die es nirgends sonst zu finden gibt.
Das Spiel lädt also durchaus zu langen Grindsessions ein. Ich erinnere mich auch noch daran, wie ich damals in einer Wüste die verschiedenen Manageister hochgelevelt habe. Positiverweise muss ich inzwischen anmerken, dass ich das für einen optionalen Bestandteil von Secret of Mana halte. In meinem Durchgang bin ich ohne Grinding ausgekommen. Dabei bin ich weitestgehend linear der Geschichte gefolgt, habe mich manchmal verlaufen, bin aber auch einigen nervigen Gegnern einfach aus dem Weg gegangen. Am Ende war der Level meiner Charaktere über 55, womit die finalen Bosse locker besiegt werden können.
Die Mana Geister habe ich eigentlich auch nicht großartig gelevelt, außer ab und zu mal übrige Zauberpunkte auf dem Rückweg von einem Dungeon zur letzten Stadt zu verpulvern. Die Zaubersprüche kamen hauptsächlich in Bosskämpfen zum Einsatz. Selbst wenn die teilweise erst auf Level 0 sind, stufen die sich während dem Kampf recht schnell auf. Vorausgesetzt, es sind genügend Walnüsse vorrätig, um die Magiepunkte immer wieder aufzufrischen, was wie erwähnt den Großteil des Spiels der Fall war. Wobei die beschwerliche Anfangsphase des Spiels natürlich angenehmer verlaufen wäre, wenn ich zumindest da ein bisschen Geld und Erfahrung gesammelt hätte. Ich habe auch erst im Nachhinein erfahren, dass es zu Beginn einen alternativen Pfad gibt, bei dem zumindest das Mädchen früher dem Helden zur Seite steht, was dem mühseligen Spielbeginn sicher auch geholfen hätte.
Eine unangenehme Konstante, die sich leider durch das ganze Spiel zieht, ist, wie zäh die Gegner sind. Die meisten Widersacher stecken einiges ein, bevor sie besiegt sind und die Heldentruppe weiterziehen kann. Das ändert sich selbst mit fortschreitendem Level und besserer Ausrüstung nur wenig. Verbunden mit den Eigenheiten des Kampfsystems ist für mich Secret of Mana damit zum Großteil leider eine recht dröge Klopperei.
Die simple Geschichte um den Helden, der acht Manapaläste aufsucht, um sich für den Kampf gegen das Böse zu wappnen, trägt leider auch nur bedingt zur Motivation bei. Selbst die eingestreuten Wendungen und persönlichen Schicksale hinterlassen selten Eindruck. Nervig ist zudem, dass oft nicht klar ist, wo die Reise als Nächstes hingeht, obwohl Secret of Mana ein eher lineares Spiel ist. An einer Stelle wird zum Beispiel unbemerkt eine neue Schnellreisefunktion bei einem der Kanonenbrüder freigeschaltet, später muss von irgendeiner Bewohnerin einer entfernten Stadt ein Schlüssel zu einem Dungeon beschafft werden. War damals natürlich kein großes Problem, da Secet of Mana in einer großen Schachtel mit beigelegtem Spieleberater verkauft wurde. Heute schaue ich als armseliger Besitzer des losen Moduls ohne Verpackung im Internet nach. Trotzdem sollte das für ein lineares Rollenspiel aus der 16-Bit Zeit eigentlich nicht nötig sein.
Gegen Ende wirkt Secret of Mana etwas zusammengeflickt. Eine ganze spätere Questlinie besteht daraus, dass die Heldentruppe von einem Weisen von einem Ort zum nächsten geschickt wird. Die letzten Manapaläste bestehen aus wenigen Räumen, manche ohne Bossbegegnung. Dafür werden Bosse während dem Endspurt großzügig recycelt. Der Grund dafür ist wohl, dass Secret of Mana ursprünglich für das von Nintendo und Sony geplante Super Nintendo CD-Rom Addon entwickelt wurde, und das Spiel hastig auf das Modulformat zurückgetrimmt werden musste, als das Addon Projekt abgeblasen wurde. Mich würde es auch nicht wundern, falls einige andere Makel ebenfalls diesem Umstand geschuldet sein sollten.
Was mich trotz aller Kritikpunkte bis zum Ende bei der Stange gehalten hat war die Präsentation, die pure Super Nintendo Nostalgie versprüht. Die Welt von Secret of Mana und ihre Einwohner werden in wunderschöner Pixeloptik dargestellt, die ohne große Tricksereien auskommt. Die satten Landschaften, malerischen Wasserfälle und beeindruckenden Tempel haben mich durchgehend in ihren Bann gezogen. Das Geschehen wird vom Soundtrack perfekt untermalt, der nicht nur durch eingängige Kompositionen glänzt, sondern auch für die Hardware Limitierungen erstaunlich überzeugend klingende Samples verwendet.
Zusammengefasst muss ich leider sagen, dass Secret of Mana vom Gameplay und der Story her nicht gut gealtert ist, und zumindest im Singleplayer-Modus ein durchwachsenes Spiel ist. Was das Spiel noch hoch hält, ist der Nostalgiefaktor, und die für Super Nintendo Verhältnisse herausragende Optik und Soundkulisse. Trotz aller Schwächen war ich doch froh, es wieder bis zum Ende durchgezogen zu haben. Denn für die streckenweisen Qualen wurde ich mit einem ergreifenden Abspann belohnt, wie es ihn in der Form für mich nur in Super Nintendo Rollenspielen zu erleben gibt.